Gerade ist mit dem „Black Friday“ die letzte Rabattschlacht durch, bei einigen dauerte der Rabatt-Freitag das ganze Wochenende, kündigen andere bereits wieder den „Cyber Monday“ oder eine ganze „Cyber Woche“ an. Rabatte sind offenbar ganz gross im Trend.
Loyalitätsprogramme auf dem Vormarsch
Und gemäss Ergebnissen der letzten Loyalty-Benchmarking-Umfrage durch service-excellence-cockpit.org sind auch Loyalitätsprogramme weiterhin auf dem Vormarsch! Gemäss dieser Studie ist das am weitesten verbreitete Modell „Punkte & Gutscheine“.
Kunden binden mit Punkten & Gutscheinen
Gemäss der Theorie können vier Typen unterschieden werden. So gibt es Modelle, die Kunden mit unmittelbaren Vorteilen wie Rabatten und exklusiven Produkten „binden“ und andere, bei denen Kunden mit verzögerten Vorteilen wie Punkten und Gutscheinen belohnt werden, die der Kunde im Laufe der Zeit verdient.
Status- und Anerkennungsmodelle
Dann gibt es nicht-monetäre Modelle, bei denen Kunden hierarchische Privilegien erlangen, auch als Status-und Anerkennungsmodelle bekannt. Letztlich gibt es das Modell, das Status und Punkte kombiniert, wie z.B. Miles & more.
Doch eigentlich sind die meisten Loyalitätsprogramme auch nur verkappte Rabattprogramme. Werden Kunden so tatsächlich zu loyalen Fans und Empfehlern eines Unternehmens?
Kundenbindung über Loyalitätsprogramme
„Es kann ja sein, dass es seit „50 shades of gray“ wieder mehr Menschen gibt, die sich gerne binden lassen. Aber glauben Sie mir, keiner will an ein Unternehmen gebunden sein!“ (Roger Schmid)
Das Verhalten ist buchhaltungsgetrieben
Warum verhalten sich Unternehmen so? „Das Verhalten ist eher buchhaltungsgetrieben, die Grosszahl der Unternehmungen richten sich auf ihren Planungs- und Budgetprozess sowie die Halbjahresabschlusse aus.
Von Nachhaltigkeit keine Spur
Nachhaltigkeit zumindest gegenüber den Kunden kommt oft zu kurz. Marketingabteilungen planen eine Werbe- und Verkaufsaktion nach der anderen. Hier ein Goody, da ein Rabatt oder ein neuer Produktlaunch. Ich nenne dies ein Verfallen in «AKTIONismus», weil man sich von Aktion zu Aktion hangelt.
Es profitieren nur die wenigsten
Mit solchen Aktionen werden mehr Kunden verärgert als glücklich gemacht. Es gibt nur verhältnismässig wenige bestehende und neue Kunden, die von einer Aktion profitieren können, da sie zeitlich begrenzt ist. Man könnte dieses Vorgehen auch als Speed-Dating bezeichnet.
Ganz nach dem Motto: «Du hast 30 Sekunden Zeit, dir ein Bild von mir zu machen und zuzuschlagen oder es sein zu lassen!» All diejenigen, die vorher oder danach kaufen, werden sich ärgern.
Mist! Hätte ich das gewusst, hätte ich gewartet.
«Hätte ich doch gewusst, dass Sie eine Aktion machen, dann hätte ich noch etwas gewartet!» ‒ «Mist, jetzt habe ich die Aktion verpasst und ausgerechnet heute, ein paar Tage später, steigt mein Kühlschrank aus! Wenn ich doch nur gekauft hätte!».
AKTIONismus macht alle unglücklich
Selbst Kunden, die während des Aktionszeitraums kaufen, sind vielleicht unglücklich. Sie haben zwar von der Aktion profitieren können, aber eventuell wäre das alte Produkt noch einige Monate oder gar Jahre einsatzfähig gewesen.
Sie ziehen also eine Ersatzinvestition vor, weil sie nicht sicher sein können, dass dann, wenn sie handeln müssen, wieder eine solche Aktion angeboten wird. „Nüchtern betrachtet wurden mehr Kunden verärgert als glücklich gemacht.“ (Schmid, Roger: Der Kunde ist dein grösster Fan, S.14)
Fehlt es uns an Kreativität?
Offenbar fehlt es uns auch zunehmend an eigener Kreativität. „Alles“ wird einfach aus den USA übernommen, sogar die Begriffe „Black Friday“ & Co. Und zudem trainieren wir „unsere“ Kunden, dass sie nur auf die nächste Aktion warten müssen.
Immerhin machen wir es den Kunden ein wenig einfacher, indem wir Aktionen immer grösser und früher ankündigen und wir unterdessen gefühlt fast dauernd Rabatte bieten. So gesehen ist meine oben zitierte Textpassage bereits etwas überholt.
Der Preis ist der Gewinntreiber Nr. 1
Dabei sind Rabatte die grössten Gewinnkiller! Vielleicht gewinnen Sie mit Rabatten Marktanteile, aber verdienen Sie damit auch wirklich Geld bzw. machen Sie damit Gewinn?
Einer meiner Marketingprofessoren hat es mal wie folgt auf den Punkt gebracht: „Der Preis ist der Gewinntreiber Nummer eins.“ Beispielsweise müssen Sie bei der Reduktion der Marge um die Hälfte, Ihren Umsatz verdoppeln können, um den gleichen Gewinn zu erzielen.
Absurde Preispolitik
Die Entwicklungen sind unterdessen ziemlich abstrus. Denn solche Rabattierungen sind nicht mehr bloss bei Kleidern und Schuhen opportun, sondern auch beispielsweise bei Softwareprodukten.
Immer mehr Unternehmen sind amerikanisch dominiert
Gerade die sehr grossen auch europäischen Softwarehäuser sind immer mehr amerikanisch dominiert, d.h. dass Mitarbeitende und insbesondere Verkäufer, Marketingverantwortliche und Länderchefs über Umsatzziele und nach Quartalsabschlusszahlen geführt werden.
Zum Jahresende sind dann Rabatte um 80 – 90 % völlig normal.
Sinnfreie Zone
Was ist das für eine Preispolitik? Wie soll das weitergehen? Wo ist da der Sinn? Wäre es nicht endlich an der Zeit umzudenken und Kunden wirklich wieder einen echten Service, einen realen Nutzen zu für beide Seiten fairen Preisen anzubieten?
Unternehmen begeistern ihre Kunden nicht
Hier ist viel Luft nach oben. Die Studie von stimmt.ch kommt zum einfachen Schluss: „Unternehmen begeistern ihre Kunden nicht.“ Die Studie hat ergeben, dass sich die meisten berücksichtigten Schweizer Unternehmen irgendwo bei „genügend“ einreihen, ein knappes Drittel bewegt sich bei „gut“, wobei viele nahe an der Schwelle zu „genügend“ liegen.
Keiner bietet hervorragenden Kundenservice
Kein einziges Unternehmen bietet seinen Kunden ein „hervorragendes“ Kundenerlebnis. Immerhin ist erkennbar, dass Unternehmen, die nachhaltig in den Kundenservice investieren, sich laufend verbessern können. Es besteht also zumindest Hoffnung.
Machen Sie aus Kunden Fans
Liebe Firmenchefs, Marketing- und Verkaufsverantwortliche. Wollen Sie sich wirklich weiterhin blutige Rabattschlachten liefern und versuchen „Ihre“ Kunden durch antiquierte Loyalitätsprogramme an Ihr Unternehmen zu „fesseln“?
Oder könnten Sie sich vorstellen, Ihren Kunden endlich genug andere Gründe zu bieten, freiwillig loyale Fans Ihres Unternehmens zu werden?
Viel Erfolg beim Begeistern Ihrer Kunden!
Ihr Roger Schmid