Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen! Oder eher derjenige, der keine hat?
Es ist eine Weile her, seitdem ich meinen letzten Blogartikel bzw. Newsletter geschrieben habe. Grund ist, dass ich sehr viele Aufträge habe. Da ich momentan auf einer Peru-Rundreise mit meiner Familie bin und wir entsprechend oft im Bus unterwegs sind, finde ich etwas Zeit zum Schreiben.
Aus meinen letzten und laufenden Coaching- und Beratungsmandaten ergeben sich insbesondere folgende vier Erkenntnisse:
Erstens: Die fehlende Vision
Es sind oft nicht die fehlenden Fähigkeiten oder der fehlende Wille zur Veränderung, um erfolgreicher zu sein oder um sich Kunden und Service orientierter auszurichten, es ist die fehlende Vision, die viele Unternehmen daran hindert, besser zu werden.
Auch KMU’s brauchen Visionen
Und eine zukunftsorientierte, sinnstiftende Vision ist in Zeiten, in denen sich alles unheimlich rasch verändert und verändern kann, wichtiger denn je, für kleine, mittlere und grosse Unternehmen gleichermassen.
Ja, auch KMUs brauchen Visionen, nicht nur die Grossen. Alle sind aufgrund der raschen Veränderungen durch die digitale Transformation gefährdet.
Und die grossen selbstverständlich auch
Auch IBM oder Microsoft brauchten beispielsweise dringend neue Visionen. IBM hat sich vor einigen Jahren von einem Computer-Hersteller zu einem Beratungsunternehmen gewandelt, Microsoft hat viele Trends verschlafen und sich lange auf den Lorbeeren ausgeruht.
Microsofts neue Vision
Erst 2014 gestaltet der neue Chef Satya Nadella das Unternehmen um. Dieses Mal will Microsoft früh bei den neuen Trends rund um das Thema „Mixed Reality“ mitspielen.
Mit der eigenen Suchmaschine Bing und den Microsoft-Cloud-Services (Windows Azure) wurde die Basis dafür gelegt, aktuell forscht das Unternehmen an künstlicher Intelligenz und Quantenrechnern.
Für den Wandel war Nadellas Vision ganz entscheidend, die er an seiner Antrittsrede vorgestellt hat.
Das künftige Ziel des Unternehmens ist es, Menschen durch leistungsfähigere Technologie zu eigenständigem und produktiverem Handeln zu befähigen: „Unser Business ist Empowerment“.
Unser Business ist Empowerment
Es geht bei Microsoft folglich nicht einfach um die Mobilität von Computern, sondern darum, die Menschen mobiler und leistungsfähiger zu machen.
Dies ist also die Digitalisierungsstrategie von Microsoft und die Leitidee, dem sich das Unternehmen verschrieben hat. Vielleicht ist Ihnen aufgefallen, dass es sich dabei nicht mehr um eine Produkt- sondern um eine Servicevision handelt.
Ihre Digitalisierungs-Servicevision?
Was ist Ihre Digitalisierungsstrategie? Was wollen/müssen Sie verändern? Woran sollen Sie sich orientieren? Welches sind die „richtigen“ Entwicklungen für Ihr Unternehmen? Um diese und ähnliche Fragen beantworten zu können, bracht es eben eine starke Servicevision. Haben Sie eine solche? Vielleicht kennen Sie das Sprichwort: „Wenn du nicht weisst, wohin du segeln willst, ist kein Wind richtig.“
Zweitens: Der Kunde muss im Mittelpunkt der Überlegungen stehen.
Ganz egal welches Buch ich momentan zur Hand nehme, alle kommen zum Schluss, dass sich nach wie vor sehr viele Unternehmen zu sehr mit Kostensenkungsprogrammen und der Steigerung des Shareholder Values beschäftigen.
Der Shareholder Value steigt mit der Zufriedenheit der Kunden
Viele Unternehmen denken (noch) zu wenig darüber nach, wie sie die Bedürfnisse ihrer Kunden befriedigen und ihre Kunden begeistern können.
Denn auch der Wert für die Eigentümer kann letztlich nachhaltig nur gesteigert werden, wenn es einem Unternehmen gelingt, die Kundenbedürfnisse besser als der Mitbewerb zu befriedigen und Kunden zu begeistern.
Kein Widerspruch zu mehr Effizienz oder Lean Management
Dies steht übrigens nicht im Widerspruch zu Effizienzsteigerungen, Lean Management und höheren Gewinnen. Sehr oft ist bei näherem Hinschauen weniger mehr.
Mit meinen Kunden spreche ich jeweils sehr früh über ihre Stärken und Schwächen. Fast alle streichen bei ihren Stärken ihre Kundenorientierung heraus.
Die Kundenbedürfnisse sind oft kaum bekannt
In den folgenden Analysen und Übungen, wie beispielsweise beim Erarbeiten von Customer Journey Maps oder Customer Empathy Maps, stellt sich meist jedoch rasch heraus, wie wenig sie über die Bedürfnisse, Empfindungen und Erlebnisse ihrer Kunden wirklich wissen und wie schwer sie sich anfangs tun, sich in die Situation des Kunden zu versetzen.
Kennen Sie die wahren Bedürfnisse Ihrer Kunden? Kennen Sie deren Motive? Können Sie und Ihre Mitarbeitenden sich „einfach“ in die Situation des jeweiligen Kunden einfühlen und Lösungen anbieten, die Begeisterung hervorrufen?
Haben die Mitarbeitenden alle notwendigen Kompetenzen?
Verfügen Ihre Mitarbeitenden, insbesondere diejenigen, die in direktem Kundenkontakt stehen, zudem über die notwendigen sozialen, Entscheidungs- und finanziellen Kompetenzen, um adäquat auf die individuellen Kundenanliegen reagieren zu können?
Wussten Sie beispielsweise, dass im Hotel Ritz auch das Reinigungspersonal genügend Kompetenzen (auch finanzielle) hat, um Kundenbeschwerden direkt und unkompliziert aus der Welt zu schaffen.
Sie haben ausserdem nicht nur die Kompetenz dazu, sondern auch die Verantwortung. Da wird nichts nach oben delegiert oder muss über den Tisch eines Vorgesetzten.
Drittens: Arbeitsteilung und Bürokratisierung
Es zeigt sich, dass die bisherigen Organisationsprinzipien von Arbeitsteilung und Bürokratisierung in einer zunehmend komplexen Welt ausgedient haben, in der wir uns einerseits immer mehr spezialisieren und andererseits stärker zusammenarbeiten müssen.
Die künftige Arbeitsweise ist agil, …
Die künftige Arbeitsweise ist agil, interdisziplinär und Hierarchie übergreifend. Es braucht neue Routinen, eine agile Transformation und ein neues Verständnis der Zusammenarbeit sowie der Unternehmensführung.
Organisationen müssen konsequent um autonome Teams gebaut werden, die selbstständig Kundennutzen stiften. Es braucht ein neues Unternehmensbewusstsein, eine neue Unternehmenskultur.
Ein solcher Wandel bedingt ein umfassendes Verständnis von Change Management.
Veränderungsmanagement
Wie gestaltet Ihr Unternehmen den Wandel zu einer agilen Organisation? Was unternehmen Sie gegen die aufkommende Verunsicherung?
Involvieren Sie umfangreich Ihre Kunden und Ihre Mitarbeitenden?
Sind Sie schon bereit dazu, Dinge früh auszuprobieren, zu verwerfen, zu lernen und zu verbessern?
Viertens: Der Kulturwandel
Eine Transformation in ein agiles Unternehmen ist mehr als die nächste Anpassung der Aufbau- und Ablaufstrukturen. Ein Kulturwandel ist angesagt.
Sog und Veränderungsdruck
Dazu muss es dem Management gelingen, einerseits durch eine sinnstiftende Vision einen Sog zu kreieren und andererseits genügen Veränderungsdruck aufzubauen. Kommt der Wunsch nach Veränderung nicht von innen, kommt der Druck bald von aussen, oft wenn es schon (fast) zu spät ist.
Das Management muss es vorleben
Das Management muss vorausgehen. Es muss die Zeichen der Zeit erkennen und die neue Kultur vorleben.
Es muss Rahmenbedingungen schaffen, die agiles Arbeiten zulassen, d.h. Bürokratie konsequent abbauen, Weisungen reduzieren, komplizierte Entscheidungswege eliminieren und es muss insbesondere wieder den Kunden und die Mitarbeitenden involvieren.
Kompetenzen müssen grosszügig an alle Mitarbeitenden delegiert werden.
Vertrauen geben und erhalten
Dies braucht vor allem Vertrauen. Vertrauen in die Fähigkeiten der Mitarbeiten und Vertrauen darin, dass auch sie nur das Beste für das Unternehmen wollen.
Da viele Unternehmen selbstständiges Arbeiten weder gefördert und gefordert haben, braucht es einerseits Zeit und andererseits kann der eine oder andere Personalwechsel angezeigt sei, auch in den Chefetagen.
Mitarbeitende und Chefs, die die Vision umsetzen wollen
Auch hierzu ist die Vision erneut ein Schlüsselelement. Finden Sie diejenigen Mitarbeitenden, die Ihre Vision umsetzen wollen!
Für mich ist diesbezüglich nach wie vor die Vision von Lexus eines der besten Beispiele. Als Lexus in den Luxus-Automarkt vordringen wollte, war die Vision „Schlagen wir Mercedes Benz“. Wer dafür ist soll bleiben, wer nicht, muss das Unternehmen verlassen.
Wie schlank ist Ihr Unternehmen schon? Vertrauen Sie Ihren Mitarbeitenden? Vertrauen Ihre Mitarbeitenden Ihnen? Können Ihre Mitarbeitenden frei entscheiden und handeln? Verfolgen Sie ein gemeinsames Ziel? Wie eng sind Ihre Kunden eingebunden? Kennen auch Ihre Kunden Ihre Vision? Lebt Ihr Managementteam vor, was sie von den Mitarbeitenden erwarten?
Viel Erfolg und herzliche Grüsse
Ihr Roger Schmid